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Der spanische Arbeitsvertrag

Abogado & RA Ingmar Hessler

Der spanische Arbeitsvertrag

Die wichtigsten Eigenschaften spanischer Arbeitsverträge bzw. die Besonderheiten des spanischen Arbeitsrechts, sollen im Folgenden stichpunktartig wiedergegeben werden.

Wer kann überhaupt einen gültigen Arbeitsvertrag abschliessen?

Grundsätzlich natürlich jede volljährige (18 Jahre alte) Person. Wer nicht volljährig ist, kann dennoch einen Arbeitsvertrag unterzeichnen, wenn er für mündig erlärt wurde. Wer sein 16. Lebensjahr vollendet hat, aber noch nicht 18 Jahre alt ist, kann einen Arbeitsvertrag mit Zustimmung seiner gesetzlichen Vertreter d.h. Erziehungsberechtigten bzw. des Vormunds unterzeichnen, oder, wenn er im Einvernehmen mit den Erziehgunsberechtigten unabhängig von diesen lebt, wenn sie einem Vertrag ausdrücklich oder konkludent zustimmen.

Formerfordernisse spanischer Arbeitsverträge

Grundsätzlich bedarf der Arbeitsvertrag zunächst keiner Schriftform. Er kann also sogar mündlich geschlossen werden. Verständlicherweise führt die mangelnde schriftliche Fixierung oftmals zu einer Reihe von Problemen.

Da bei einem mündlichen Abschluss der Nachweis des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses erschwert wird, bestimmt Artikel 8 Ley del Estatuto de los Trabajadores, dass ein Arbeitsverhältnis in jedem Falle dann besteht, wenn gegenüber einer anderen Person eine Dienstleistung erbracht wird, diese Leistung weisungsgebunden und innerhalb einer Organisations- und Leitungsstruktur erfolgt, und hierfür im Austausch eine Geldleistung vereinbart war.

Ausnahmsweise wird jedoch in folgenden Fällen bereits eingangs die Schriftform des Arbeitsvertrages gefordert:

  • wenn ein Gesetz dies vorschreibt
  • bei Praktikumsverträgen
  • Ausbildungsverträgen
  • Lehrstellenverträgen
  • Teilzeitverträgen (contrato a tiempo parcial)
  • unstetigen Festverträgen / Saisonveträgen (contrato fijo-discontinuo) (es handelt sich um einen Vetrag auf unbestimmte Zeit, welcher nur gewisse Zeiträume eines Jahres umfasst)
  • Ablöseverträgen (contrato de relevo) (Verräge welche geschlossen werden, um die schrittweise Reduzierung des Arbeitsvolumens eines sukzessive in den Ruhestand gleitenden Arbeitnehmers mit der Anstellung eines anderen Arbeitnehmers auszugleichen)
  • Verträge welche auf die Durchführung, Ausführung oder Schaffung eines konkreten Dienstes bzw. Werkes gerichtet sind (contrato para la realización de una obra o servicio determinado) (begrenzte e Verträge deren Begrenzung sich jedoch nicht auf der Zeitachse ausdrückt, sondern mit Abschluss einer konkreten Aufgabe enden).
  • Heimarbeitsverträge (contratos de trabajadores que trabajen a distancia)
  • In Spanien, mit hier ansässigen Unternehmen, geschlossene Verträge, welche auf eine Verrichtung der Arbeit im Ausland gerichtet sind.
  • Befristete Arbeitsverträge, deren Dauer auf über vier Wochen gerichtet ist.

Sollte in den bezeichneten Fällen die Schriftform unbeachtet geblieben sein, unterstellt das Gesetz, dass es sich um ein unbefristetes Vollzeit-Arbeitsverhältnis handelt, wenn nicht bewiesen werden kann, dass es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis bzw. einen Teilzeitvertrag handelt.

Sowohl der Arbeitgeber wie auch der Arbeitnehmer können jederzeit verlangen, dass der Arbeitsvertrag schriftlich fixiert wird. Dies unabhängig davon, wie lange das Arbeitverhältnis besteht.

Unabhängig von der Frage eines anfänglichen Formerfordernisses, gilt zu beachten, dass der Arbeitgber bei Arbeitsverhältnissen welche eine Dauer von über vier Wochen haben, gemäss Artikel 8 Absatz 5 der Ley del Estatuto de los Trabajadores verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer die wichtigsten Eckpunkte des Arbeitsvertrages in schriftlicher Form auszuhändigen.

Eckpunkte sind hauptsáchlich diejenigen, welche durch die Richtlinie 91/533/EWG des Rates vom 14. Oktober 1991 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen, und die Entscheidung des EuGH vom 4. Dezember 1997 bestimmt wurden.

Hiernach hat der Arbeitgeber unter anderem folgende Angaben zu machen:

  • die Personalien der Parteien und die Adresse des Unternehmens sowie des Arbeitsplatzes;
  • die Art der Stelle;
  • Zeitpunkt des Beginns und Dauer des Arbeitsvertrags;
  • Urlaubstage, Dauer des Urlaubs und Bestimmung der Urlaubsansprüche
  • die Höhe der Bezahlung und Zeitpunkt der Auszahlung
  • normale Arbeitszeit des Arbeitnehmers;
  • Angabe der Tarifverträge und/oder der kollektiven Vereinbarungen, in denen die Arbeitsbedingungen des Arbeitnehmers geregelt sind.
  • Kündigungsfristen bzw. Art und Weise ihrer Bestimmung

Dies beschriebenen Angaben hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer innerhalb von zwei Monaten ab Beginn des Arbeitsverhältnisses zu machen.

Dauer des Arbeitsvertrages:

Ein Arbeitsverhältnis kann – abgesehen von den beschriebenen Sonderfällen, in denen sich der Umfang und die Dauer der Tätigkeit an besonderen Umständen ausrichtet – befristet oder unbefristet sein.

Probezeit:

Ein Arbeitsvertrag kann eine Probezeit vorsehen. Die Probezeit muss allerdings schriftlich fixiert werden.

Die maximal zulässige Dauer einer Probezeit richtet sich nach dem jeweiligen Tarifvertrag.

Ist tarifvertraglich nichts vorgesehen, ist weiter zu unterscheiden.

Handelt es sich bei dem Arbeitsplatz um einen solchen, für den ein besonders qualifizierter Arbeitnehmer erforderlich ist, so darf die Probezeit nicht länger als sechs Monate dauern. Bei den übrigen Arbeitsplätzen beläuft sich die Höchstdauer der Probezeit auf zwei Monate. Obwohl für die Unterscheidung bezüglich besonderer Qualifikation oder einfacher Tätigkeit vom Gesetz auf die Ausbildung des Arbeitnehmers abgestellt wird (Hochschulstudium), da die Bezeichnung “técnico titulado” (Fachmann mit entsprechendem Titel) Anwendung findet, ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass auf die eigentliche Tätigkeit abzustellen ist (STSJ Cataluña 14-2-03, AS 1701). Leitet ein Arbeitnehmer die Abteilung eines Unternehmens, ohne über eine abgeschlossene schulische Ausbildung zu verfügen, kann folglich eine Probezeit bis zu höchstens sechs Monaten möglich sein. Verrichtet ein Arbetnehmer mit drei abgeschlossenen Hochschukstudien niedere Tägtigkeiten, darf sich die Probezeit hingegen auf maximal zwei Monate belaufen. Die Vereinbarung einer über diesen Zeitraum hinasugehenden Probezeit wäre nichtig.

Wenn das Unternehmen weniger als 25 Mitarbeiter hat, darf die Probezeit für alle diejenigen Arbeitsverhältnisse welche keine besondere Qualifikation im oben bezeichneten Sinne erfordern, die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten.

Im Falle befristeter Arbeitsverhältnisse gilt es weiter zu beachten, dass wenn das Arbeitsverhältnis auf sechs Monate oder weniger befristet ist, die Probezeit eine Dauer von einem Monat nicht übersteigen darf, wenn der einschlägige Tarfivertrag nicht etwas anderes bestimmt.

Zur Stimulierung des Arbeitsmarktes hat die spanische Regierung die rechtlichen Grundlagen für besondere Arbeitsverhältnisse geschaffen. Der sogenannte unbefristete Arbeitsvertrag zur Unterstützung von Unternehmern (contrato de trabajo por tiempo indefinido de apoyo a los emprendedores), sieht die Möglichkeit einer Probezeit von einem Jahr vor. Die Vereinbarung solcherlei Arbeitsverträge ist aber an eine Reihe von Voraussetzungen geknüpft. Unter anderem können solcherlei Verträge nur geschlossen werden, solange die Arbeitslosenquote auf oder über 15 % liegt. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses darf das Unternehmen auch nicht mehr als 50 Mitarbeiter haben. Der Unternehmer profitier bei solcherlei Veträgen ausserdem von einer Reihe Vergünstigungen was Steuern und Sozialabgaben angeht.

Während der Dauer der Probezeit hat der Arbeitnehmer – abgesehen von den Regelungen bezüglich der Kündigung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses – die gleichen Rechte und Pflichten wie nach Abschluss derselben und Fortsetzung des Angestelltenverhältnisses.

Besonderheiten:

Die beschriebenen Angaben beziehen sich auf Verträge mit spanischen oder EU Staatsangehörigen.

Bei bestehen einer anderen Staatsangehörigkeit sind weitere Voraussetzungen zu beachten, da insbesondere eine Aufenthalts- bzw. Arbeitserlaubnis vorliegen muss.

Abogado & RA Ingmar Hessler

1973 in Frankfurt am Main geboren und aufgewachsen, ist er als deutscher Rechtsanwalt und spanischer Abogado, sowohl in Spanien wie auch in der Bundesrepublik zur Anwaltschaft zugelassen. Er berät und vertritt seine Mandanten aussergerichtlich wie gerichtlich in beiden Ländern. Er ist Mitglied der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main, sowie Mitglied der Rechtsanwaltskammern Murcia und Madrid. Vor seiner Niederlassung als Anwalt absolvierte er zwei Postgraduiertenstudiengänge. An der Universidad ICAI-ICADE (Madrid) schloss er einen LL.M. und an der Universidad Autónoma de Barcelona einen M.B.A. ab. Nach Bestehen der staatlichen Übersetzerprüfung und Ernennung durch das spanische Aussenministerium ist Herr Hessler ausserdem seit dem Jahre 2004 als vereidigter Übersetzer und Dolmetscher tätig.

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