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Gemeinsame Nutzung der Anlagen in einem Immobilienkomplex

Abogado & RA Ingmar Hessler

Frage: Ich bin Eigentümer eines Loft in einem großen Immobilienkomplex. Die Anlage verfügt unter anderem über zwei Pools, Lagerräume, Grünanlagen, Fitnesscenter und eine Tiefgarage mit über 100 Stellplätzen. Da diese getrennt von den Wohnungen erworben werden konnten, stehen viele Stellplätze im Eigentum von Personen, die nicht Eigentümer von Wohnungen sind. Sie machen aber dennoch Gebrauch von den Pools und dem Geräteraum. Sind solcherlei Einrichtungen nicht lediglich für die Eigentümer von Wohnraum bestimmt? Dürften wir also den Eigentümern der Stellplätze den Zugang zu diesen Einrichtungen verwehren?

Antwort: Um Ihre Frage beantworten zu können, müsste man einen Blick in die Teilungserklärung und die Gemeinschaftssatzung werfen. Häufig bestehen mehrere Gemeinschaften parallel zueinander, welche dann wiederum zusammen eine übergeordnete Gemeinschaft bilden. So könnte beispielsweise die Tiefgarage eine Untergemeinschaft bilden. In solchen Fällen wären die Gemeinschaftselemente der Wohnungsgemeinschaft nicht gleichzeitig Gemeinschaftseigentum der Gemeinschaft der Stellplatzeigentümer. Sollten die beschriebenen Elemente dem Verbund der Gemeinschaften gehören, müsste man prüfen, ob hier gegebenenfalls eine besondere Regelung bezüglich der Nutzung getroffen wurde.

Ist der Stellplatzeigentümer gezwungen, sich proportional am Erhalt der Gemeinschaftseinrichtungen zu beteiligen, so sollte er diese auch nutzen dürfen

Mangelt es an einer spezifischen Regelung und gehören die Wohnungen und Stellplätze tatsächlich unmittelbar einer einzigen Gemeinschaft an, würde ich persönlich die Auffassung vertreten, dass alle Eigentümer zur Nutzung der Pools und des Fitnessraums berechtigt sind. Gleichgültig ob sie nun lediglich Stellplatzeigentümer oder auch Wohnungseigentümer sind. Ich begründe meine Einschätzung damit, dass jeder Eigentümer im Umfang seiner Beteiligungsquote Miteigentum an den Gemeinschaftselementen hat. Ist er gezwungen, sich obendrein proportional am Erhalt der Gemeinschaftseinrichtungen zu beteiligen, so sollte er diese auch nutzen dürfen.

Einschränkend zu meiner persönlichen Wertung sollte aber gesagt sein, dass das spanische Gericht Tribunal Supremo mit Urteil vom 2. Februar 2006 genau andersherum entschieden hat. Hier wurde die Auffassung vertreten, dass die Gemeinschaft dem Eigentümer einer Garage durchaus die Nutzung des Pools versagen dürfe, weil dieser «aus purer Logik heraus» offensichtlich nur für die Wohnungseigentümer gedacht sei. Aus den beschriebenen Gründen halte ich diese Entscheidung allerdings für fraglich.

Der oberste spanische Gerichtshof hat mit Urteil vom 2. Februar 2006 jedoch genau andersherum entschieden

Einschränkend zu meiner persönlichen Wertung sollte aber gesagt sein, dass der oberste spanische Gerichtshof (Tribunal Supremo) mit Urteil vom 2. Februar 2006 genau andersherum entschieden hat. Hier wurde die Auffassung vertreten, dass die Gemeinschaft dem Eigentümer einer Garage durchaus die Nutzung des Pools versagen dürfe, weil dieser «aus purer Logik heraus» offensichtlich nur für die Wohnungseigentümer gedacht sei. Aus den beschriebenen Gründen halte ich diese Entscheidung allerdings für fraglich.

Ausgehend vom Foralrecht käme ich persönlich zum gleichen, oben beschriebenen, Ergebnis, würde hier aber gerne eine wichtige Besonderheit hervorheben. Für die Auslegung des Foralrechts ist in letzter Instanz nicht das Tribunal Supremo, sondern das Tribunal Superior de Justicia de Cataluña zuständig. Und dort, so will es der Zufall, wurde mit Urteil vom 20. Juli 2015 anders als vor dem Tribunal Supremo entschieden. Nach Auffassung des katalanischen Gerichts dürfen Garagenbesitzer auch die Pools nutzen. Ich halte meine oben beschriebene Wertung daher für angezeigt und würde sagen, dass sie in Katalonien höchstrichterlich geteilt wird, im übrigen Spanien aber – zumindest zu diesem Zeitpunkt – der Auffassung des Tribunal Supremo zuwider läuft.

Seit dem Sommer 2015 beschäftigen wir uns in dem zweisprachigen Magazin „La Guía“ mit Themen rund um das spanische Recht. Sowohl die veröffentlichten Artikel wie auch die beantworteten Leserfragen werden dabei vollständig in deutscher und spanischer Sprache wiedergegeben.

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Abogado & RA Ingmar Hessler

1973 in Frankfurt am Main geboren und aufgewachsen, ist er als deutscher Rechtsanwalt und spanischer Abogado, sowohl in Spanien wie auch in der Bundesrepublik zur Anwaltschaft zugelassen. Er berät und vertritt seine Mandanten aussergerichtlich wie gerichtlich in beiden Ländern. Er ist Mitglied der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main, sowie Mitglied der Rechtsanwaltskammern Murcia und Madrid. Vor seiner Niederlassung als Anwalt absolvierte er zwei Postgraduiertenstudiengänge. An der Universidad ICAI-ICADE (Madrid) schloss er einen LL.M. und an der Universidad Autónoma de Barcelona einen M.B.A. ab. Nach Bestehen der staatlichen Übersetzerprüfung und Ernennung durch das spanische Aussenministerium ist Herr Hessler ausserdem seit dem Jahre 2004 als vereidigter Übersetzer und Dolmetscher tätig.

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